VORWORT
«Der Friede hat sie nicht weniger berühmt gemacht als der Krieg», schrieb John Milton.
Die große Tragödie des XX. Jahrhunderts ist, daß der Friede hat Niederlagen hinnehmen müssen, sogar nach Kriegen, die seinethalben gewonnen wurden. 1918 legte die gequälte Welt die Waffen nieder. Der Friede war da, aber wir drehten ihm den Rücken zu, als könne er sich selbst erhalten, als ob die gleiche gewissenhafte Planung und die Gewaltströme an Energie nicht nötig wären, mit deren Hilfe wir den Krieg gewannen, um den Frieden zu behaupten. Zwar wurden die Deutschen demokratisiert, aber wir hatten sie nicht für die Demokratie begeistern können. Nach der vor kurzem errichteten Republik waren wir selbstgefällig genug, uns damit zufriedenzugeben, als ob es mit der formellen Einrichtung getan wäre, anstatt das Fehlen der Sehnsucht des Volkes nach Selbstregierung zu wecken. Und das Ergebnis: nach zwanzig Jahren des so teuer erkauften Sieges war der Friede verschludert. Erst dann entdeckten wir, daß unser Unvorbereitetsein auf den Frieden die Zeit als Präludium für einen neuen Krieg genutzt worden sind. Und gerade wie zum Hohne waren wir auf einen solchen auch nicht vorbereitet!
Ist dann erst Krieg, dann gibt's kein langes Hin und Her: man muß gewinnen oder untergehen. Durch solche Wahlbegrenzung ist denn auch zugleich der Versuch zur Verzögerung und Vergleichung verringert. Auf Irrtum und Verschiebung steht daher die Todesstrafe. Aber sonst kann man gemächlich Frieden schließen. Das erlaubt alle Kunstgriffe der Unentschlossenheit: Kommissionen, Experimente, Debatten.
Der Tag zu einer neuen Gelegenheit, vielleicht der letzten, kann uns vielleicht geboten werden zu einem ruhmvollen Sieg für den Frieden. An dem Tag, an dem das Wort, daß der Krieg beendet sei, über die Erde gesendet wird, wird die Welt widerhallen vom frohen Glockenklang und hysterischen Sirenengesang. Millionen Herzen werden für eine Sekunde stillstehen im heiligen Gebet. Dann wird eine Welle von Begeisterung über die Erde schwappen. Überall werden sich die Menschen spontan zusammenfinden. Hunderte von überfüllten Neulebensfeiern werden in der Nacht irrsinniger Freude begangen werden. Die Kinder - verwundert über die Ausgelassenheit ihrer Eltern - werden kreischen und tanzen in ansteckender Nachahmung. Die Kirchen werden von Besuchern überfüllt sein, zu erregt, um beten zu können. Männer werden sich in einer Anwandlung von Dankbarkeit in philanthropischen Orgien ergehen.
Frauen, die während des Krieges viel zu sehr gelitten als daß sie hätten wehklagen können, werden wieder lernen, vor lauter Freude laut zu schreien. Freudenfeuer werden in unsern Herzen brennen und von dort wird eine Welle religiöser Dankbarkeit zum Himmelsgewölbe steigen. Der Friede ist da! Friede! Wegen des Triumphs und Sieges und Friedens werden wir wie die Berserker herumspringen. Und das wird ausgerechnet der Augenblick der größten Gefahr sein bei der ganzen Geschichte!
Wollen wir wieder die Millionen Menschenopfer unseres Volkes gebracht haben, nur weil wir zu faul zum Denken sind? Wollen wir wieder unsere Trümpfe aus der Hand geben und wieder auf unsere Wanderprediger hören? Oder wollen wir in Kenntnis der Ursachen dieses Jammers uns nicht doch ergrimmt die Aufgabe stellen, den Frieden zu gewinnen und den Dritten Weltkrieg zu verhindern?
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